Der Stammplatz ist schon wieder weg

Wenigstens mit seinem neuen Stadionmagazin machte der krisengeschüttelte Fußballclub Hannover 96 Furore. Jetzt soll der „Stammplatz“ wieder auf Normalniveau zurückgestutzt werden. Dem Verein war das Blatt zu teuer

Die Resonanz von Presse, Fans und Sponsoren war durchweg positiv und eindeutig: Stammplatz, das neue Stadionmagazin von Hannover 96 hatte schon mit der ersten Test-Ausgabe zum prä-saisonalen Freundschaftsspiel gegen Aston Villa überzeugt. Achtzig Seiten Hochglanz, anspruchsvolle Themen und sogar das Papier – alles erinnerte an die Marktführer des Fußballjournalismus. Und rein gar nichts mehr an das vorsintflutlich anmutende „Bundesligamagazin“, das vor einigen Jahren bei der Wahl zum besten Stadionheft sogar einen Abstiegsrang belegt hatte. Zudem lagen die ersten „Stammplatz“-Ausgaben auch in den Zeitungsläden der Stadt aus. Chefredakteur Jörg Heynlein hatte ein Fußballmagazin auf den Markt gebracht, das auch Fußballliebhaber ansprechen sollte, die Hannover 96 für eine Legionärstruppe mit erschreckend kurzer Halbwertzeit halten. Ein Hauch „Elf Freunde“ wehte durch das Stadion.

Doch nach nur drei Ausgaben hat Heynleins ehrgeiziges Projekt seinen Stammplatz an der Leine schon wieder verloren. Nach offiziellen Angaben sei das Konzept in dieser Form nicht tragbar, da es ein wirtschaftliches Verlustgeschäft für den Verein darstelle. Doch hinter vorgehaltener Hand wird von Seilschaften gesprochen, die den ehemaligen Machern des „BuLiMa“, engen Freunden des Vorstandsvorsitzenden Martin Kind, ein Comeback ermöglichen sollen.

Hörgerätehersteller Kind, nach einjähriger Abstinenz wieder das Machtzentrum im Verein, dementierte diese Gerüchte gegenüber der taz: „Ich weiß nicht, wo Sie diesen Schwachsinn herhaben.“ Der „Stammplatz“ werde seinen Namen behalten. Zwischen den Zeilen machte er jedoch klar, dass sich der Inhalt ändern wird: „In den nächsten Tagen wird ein Komitee darüber nachdenken wie wir das Magazin erfolgreicher machen können“, sagte er.

Heynleins Konzept wird dabei auf jeden Fall auf der Strecke bleiben. Er hat ein Anzeigenblatt, das aus schönen Fotos und Kurzinterviews bestand, durch ein ernst zu nehmendes Magazin ersetzt, das den Inhalt über Annoncen stellt. Und das obwohl Stadionmagazine in erster Linie Marketing-Tools der Vereine sind, da sie die kürzeste Verbindung zwischen Fans und Sponsoren darstellen.

Gerade diese waren jedoch begeistert vom neuen Werbeumfeld. In der Hamburger Agentur Drewes & Keretic, die für die Anzeigenschaltung von Hasseröder Pils zuständig ist, hat man die jüngste Entwicklung mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Die Einstellung von „Stammplatz“ und eine Auferstehung des „BuLiMa“ bezeichnete eine Vertreterin der Brauerei als „einen Schritt zurück in die Steinzeit“, da Qualität und Optik von Heynleins Magazin die Sponsoren zeitgemäß und zielgruppengerecht präsentieren könne.

Sollte sich unter der Hochglanzschale künftig wieder der Mief vereinsinterner Lobhudelei mit integriertem Anzeigenmarkt verstecken, wird Heynlein sein Einmann-Magazin wohl einpacken und sich woanders einen Platz unter elf Freunden suchen.LUCAS VOGELSANG